Wickelgeschichten

Das "Auspacken" gehört mit zum Geheimnis von Weihnachten. Denn in den Windeln steckt die unüberbietbare Zuneigung Gottes, schreibt der Herausgeber des Tiroler Sonntag, Generalvikar Jakob Bürgler.

Auch wenn mich die Hektik der vorweihnachtlichen Zeit nervt und das Gedränge in den „Einkaufsstraßen“ abschreckt, komme ich doch nicht umhin, ab und zu auch selber in diese Wirklichkeit einzutauchen, um nach kleinen Geschenken zu suchen und damit dem schönen Gedanken des Schenkens zu Weihnachten nicht nur aufgrund von Übertreibungen und Verzerrungen seine gute Berechtigung zu nehmen.

Auf dem Weg durch ein Kaufhaus bin ich vor kurzem bei einem riesengroßen Behälter mit einer Unmenge an verschiedensten Geschenkpapieren vorbeigekommen. Papiere in den verschiedensten Farben und Mustern, ganz schlicht und ganz pompös, mit Sternen und Engeln verziert, mit Weihnachtsmännern und Glitzerstaub. Verpackung spiegelt den Inhalt. Für mich ist es beeindruckend zu sehen, mit wie viel Mühe und Aufwand Menschen ihre Weihnachtsgeschenke einpacken und einwi-ckeln. Irgendwie, so scheint es mir, spiegelt sich in der Verpackung ein Stück der Besonderheit des Inhaltes, und es ist nicht gleichgültig, ob wir ein Geschenk einfach so überreichen oder ob es in einem Geschenkpapier verborgen ist. Das Einpacken und Einwickeln gehört dazu – und damit auch das Auspacken und das Auswickeln.

Es mag eigenartig erscheinen, wenn ich das Einwickeln von Weihnachtsgeschenken in Verbindung bringe mit dem eingewickelten Kind in der Krippe von Bethlehem. Die Heilige Schrift erzählt uns davon, dass Maria den Erstgeborenen in Windeln wickelt und in eine Krippe legt. Freilich: Die Windeln des Kindes von Bethlehem sind nicht unbedingt von der Art der glitzernden Weihnachtspapiere, aber sie haben damit etwas Wesentliches gemeinsam. Sie verbergen das Kostbare.Das Verborgene auspacken. Wer dem Geheimnis des Kindes von Bethlehem, dem Geheimnis des Geschehens der Heiligen Weihnacht begegnen will, der muss ans „Auspacken“ denken. In den Windeln, die Maria für ihr Kind verwendet, steckt mehr als nur ein liebliches und harmloses Kindlein. In diesen Windeln steckt die unüberbietbare Zuneigung Gottes zu uns Menschen. Sie zeigt sich darin, dass Gott selber das einfache und alltägliche menschliche Leben annimmt und teilt, die Zerrissenheit und Erbärmlichkeit, die Not und Armut, alles, was unser Leben ausmacht. In den Windeln des Jesuskindes stecken der verborgene Glanz und die Menschenliebe Gottes.Was eingewickelt ist, will ausgewickelt werden. Es könnte freilich sein, dass in der herrlichen Weihnachtspapierverpackung recht Dürftiges steckt, in den Windeln des Kindes aber ungeahnt Kostbares. Es zahlt sich aus, sich ans Auswickeln zu machen.

Segensvolle Weihnachten!

Jakob Bürgler, Generalvikar der Diözese Innsbruckundund Herausgeber des Tiroler Sonntag

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