Bischof Kräutler: Für ein Lebensrecht aller Menschen

Zum Auftakt des 50-Jahr-Jubiläums der Diözese hielt Bischof Erwin Kräutler einen Vortrag im Haus der Begegnung in Innsbruck. Der Tiroler Sonntag stellt die Vortragsnotizen des Bischofs als Download zur Verfügung.

Wie es ist, wenn Menschen Rahmen sprengen, zeigte vergangene Woche Bischof Erwin Käutler. Und das nicht nur, weil die Zuhörer im dicht besetzten Haus der Begegnung fast keinen Platz mehr fanden. 

von Gilbert Rosenkranz 

Dass Bischof Erwin Kräutler zum Auftakt des 50-Jahr-Jubiläums in die Diözese Innsbruck eingeladen wird? Er ist ein Mann, der das Motto des Jubiläumsjahres „Aufbrechen“ lebt. Wider alle Bedrohungen gegen sein Leben, weil er bis zum Letzten für die Ärmsten der Armen eintritt: Bischof Kräutler hat die Hoffnung auf die Erneuerung der Gesellschaft und der Kirche nie aufgegeben. Auf diese Weise hat sein Einsatz starke Symbolkraft für viele ChristInnen auch in Europa.
Wenn Menschen draufgehen.
Erwin Kräutler kann die Anliegen der Ärmsten so glaubwürdig vertreten, weil er mitten unter ihnen lebt. Vor seiner Haustüre wachsen die Probleme buchstäblich in den Himmel. Probleme, die sich etwa im Bau eines Kraftwerkes zeigen, das so gebaut wird, dass 40.000 Menschen ihr Zuhause verlieren. Saubere Energie? „Was ist daran sauber, wenn ganze Völker draufgehen? Was ist sauber, wenn wieder ein riesiges Stück Regenwald verloren geht?“, fragt sich der Bischof. Der Bau dieses Staudammes zeigt die Folgen einer Politik, die für das Wirtschaftswachstum über Leichen geht und was mit „Wachstum“ auch gemeint sein kann: die Zerstörung der Lebensgrundlage von zehntausenden Menschen und damit die Auslöschung ganzer Völker. Übrigens entsteht das Kraftwerk unter kräftiger wirtschaftlicher Beteiligung der steirischen Firma Andritz, die Turbinen liefert. An diesem Beispiel werden die globalen Zusammenhänge wirtschaftlicher Entwicklung sichtbar. Und auch, dass der Profit der einen die Unterdrückung der anderen bedeuten kann. Denn der Bau der Turbinen sichert in Österreich den Lebensunterhalt vieler Menschen. In Brasilien aber trägt er dazu bei, dass viele Menschen diesen Lebensunterhalt verlieren. Bischof Kräutler legt den Finger in die Wunde: „Was sind das für Arbeitsplätze, die mit dem Leid und Blut anderer Menschen erkauft werden?“
Für das Lebensrecht aller Menschen.
An diesem Abend im Haus der Begegnung schilderte Bischof Kräutler vor allem den langen Weg der Kirche Lateinamerikas hin zu einer Kirche für die Armen. Und er machte deutlich, wie sehr die Bischöfe diesen Einsatz bewusst beschritten haben – zuletzt bei ihrer Vollversammlung 2007 in Aparecida. Federführend war damals übrigens der Erzbischof von Buenos Aires. Als Papst Franziskus führt er nun die Botschaft dieser Vollversammlung weiter. Zuletzt etwa in seinem neuesten Schreiben „Evangelium gaudii“ (siehe Bericht auf den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe). 

Wie es ist, wenn Menschen Rahmen sprengen? Bischof Kräutler zeigte das anhand seiner Fähigkeit, Denkverbindungen herzustellen. Für eine Gesellschaft, in der auch die Ärmsten zu ihren Lebensrechten kommen. Für eine Kirche, in der sich das Lehramt der Bischöfe am „Lehramt“ der Armen ausrichtet, weil sich in ihnen das Antlitz Jesu zeigt.
  

www.bischof-kraeutler.at 

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