Kindergarten und Orden – Vater und Priesterseminar
Mit einer Gebetsaktion unter dem Motto "Werde, wer du sein kannst" rückt die Katholische Kirche in Österreich heuer geistliche Berufungen in den Fokus. Am Sonntag, 8. Mai, wird anlässlich des 59. Weltgebetstags für geistliche Berufungen über die Landesgrenzen hinweg in Pfarren, Ordensgemeinschaften, Gebetskreisen und privaten Einrichtungen für neue Berufungen zu Priestern, Ordensfrauen und -männern gebetet.
In Österreich steht der Weltgebetstag heuer unter dem Thema "Werde, wer du sein kannst". Dieser Weg kann sich äußerst unterschiedlich gestalten: Während zum Beispiel die junge Novizin Klara Anne vergleichsweise früh bei den Tertiarschwestern in Hall eingetreten ist, hat der 57-jährige Johannes Seidel erst nach dem Studienbeginn seiner jüngeren Tochter seine Ausbildung im Priesterseminar angetreten.
Sr. Klara Anne Rudisch ist am 31. Juli 2020 bei den Tertiarschwestern in Hall eingekleidet worden. Seither ist sie Novizin dieses franziskanischen Ordens. Die Kindergartenpädagogin wird häufig gefragt, warum sie, in ihrem jungen Alter und mit ihrer lebenslustigen Art diesen Weg gewählt hat. „Das frage ich mich auch manchmal, warum trittst du ein?“, meint sie mit einem Lächeln. So einfach sei das nicht an einzelnen Argumenten festzumachen: „Ich habe es einfach gespürt!“
Die Kirche war ihr immer wichtig – so hat sie auch am Weltjugendtag 2019 in Panama teilgenommen – aber sich fürs Ordensleben zu entscheiden, das hätte sie vor einigen Jahren selbst nicht erwartet. Zwei Jahre dauert ihre Zeit als Novizin, begleitet wird sie dabei von Sr. Notburga Maringele, die auch Provinzrätin des Ordens ist. „Für mich ist ein wichtiger Kompass die Freude, die man hat, bei Begegnungen im Alltag, wenn man von Gott erzählen darf“, beschreibt Sr. Klara Anne ihre Motivation. Die Berufung sei ein Weg, bei dem eins wichtig ist: „Ich weiß nicht, was passiert, ich gehe ins Ungewisse, aber ich breche auf.“ Dies sei auch ein Zeichen, dass man sich „auf Gott einlässt und ihm vertraut“.
Obwohl er schon früh eine Berufung zum Dienst der Kirche verspürt hatte, ist er nun ein „Spätberufener“. Zwar ist der Deutsche nach seiner Matura einem Orden beigetreten, dieser Weg hat sich aber nicht als der Richtige herausgestellt. Später heiratete er und wurde Vater. Bald nach der Geburt der ersten Tochter verwitwet, wurde er vor fast genau 20 Jahren noch einmal Vater einer weiteren Tochter. Seit dieser Zeit arbeitete der Theologe im Bereich von Neuevangelisierung und Alpha-Kursen in österreichischen und deutschen Pfarren. So lernte er in vor 17 Jahren in Graz Pfarrer kennen, dem der Aufbau der Pfarre, Glaubenskurse und Weggemeinschaften ein großes Anliegen waren: Hermann Glettler
„Im Laufe der vergangenen Jahre war mir klar, dass irgendwann auch meine jüngere Tochter das Haus verlassen und ihr Studium beginnen wird“, erzählt Johannes Seidel. Vor acht Jahren sei im bei den großen Exerzitien in Rom klar geworden, dass er sich noch einmal für den Weg des Priestertums offenhalten soll, wenn seine jüngere Tochter zum Studium wegziehen würde. Nachdem sie zu studieren begonnen hat, zog es ihn ins Priesterseminar der Diözese des nunmehrigen Bischofs Hermann Glettler. Eine Entscheidung, für die seine Töchter Verständnis zeigen. Als Praktikant arbeitet er derzeit in Osttirol. Die Vorbereitung auf die Weihen beginnt mit dem Pastoralkurs im kommenden Herbst.
Für Johannes Seidel ist der Späteinstieg in den priesterlichen Weg und die lange Zeit, die er davor schon im Dienst der Evangelisierung verbracht hat, eine besondere Gnade. „Bei mir hat sich ein innerer Frieden und eine ansteigende Freude entwickelt, im meinem Stand als Laie der Verlebendigung der Kirche dienen zu dürfen. Es schwingt sogar ein bisschen Trauer mit, dass ich mit den Weihen, dass Mittendrin-Sein in der Welt ein wenig aufgeben muss. Aber weil mir klar geworden ist, dass der Weg in Richtung Priestertum mein Weg ist, habe ich diesen Schritt gemacht.“
Mehr über den Weltgebetstag für geistliche Berufungen
Für die inhaltliche Planung und Begleitung des Weltgebetstags in Österreich ist das Canisiuswerk zuständig. Dieses stellt u. a. auf seiner Website Materialien und Gestaltungshilfen zur Verfügung, wie etwa inhaltliche Anleitungen und Empfehlungen für Gottesdienste, Gebete oder Lesetipps. (Infos: www.canisius.at/weltgebetstag)
Der Weltgebetstag wird seit seiner Einführung 1964 durch Papst Paul VI. jeweils am vierten Sonntag der Osterzeit begangen. Für den heurigen 59. Weltgebetstag betont Papst Franziskus, dass Berufungen nicht nur Priester und Ordensleute betreffen. "Wir müssen uns vor der Gesinnung hüten, Priester und Laien voneinander zu trennen und erstere als Hauptakteure und letztere als Ausführende zu betrachten", schreibt er in seiner heute veröffentlichten Botschaft. In seinen Worten betrachtet der Papst das Thema speziell mit Blick auf eine synodale Kirche.
Weihbischof Hofer: Thema Berufung immer wieder zur Sprache bringen
"Es besteht die Gefahr, dass die Sorge um geistliche Berufe in der Hektik und Säkularisierung unserer Tage unter die Räder kommt." Diese Sorge hat der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer im Gespräch mit der Wiener Kirchenzeitung "Sonntag" (aktuelle Ausgabe) zum Ausdruck gebracht. Deshalb bete die Kirche am Sonntag, 8. Mai, anlässlich des 59. Weltgebetstags um geistliche Berufungen. Der eigene Weltgebetstag soll "dieses Thema wachhalten, das heißt immer wieder zur Sprache bringen und so vor dem Vergessen bewahren". Weihbischof Hofer ist in der Österreichischen Bischofskonferenz u. a. zuständig für Berufungspastoral und das Canisiuswerk.
"Viele ahnen nicht, welche Möglichkeiten und Talente in ihnen schlummern, das heißt, was Gott in ihnen grundgelegt hat", erklärte der Salzburger Weihbischof das diesjährige Motto "Werde, wer du sein kannst". Die Berufung des Menschen bestehe darin, diesen göttlichen Ideen auf die Spur zu kommen. Denn, "geistliche Berufe kann man nicht 'machen'". Es sei allein Gott, der neue geistliche Berufe erweckt und schenkt. Oft sei es jedoch so, dass das Vorbild eines geistlichen Menschen für andere eine Motivation oder ein Anstoß ist, selber über einen solchen Weg nachzudenken.
"Gott ruft auch heute. Wenn ein Mensch das Rufen und Klopfen Gottes wahrnimmt und darauf reagiert, ist vielleicht der Same für einen geistlichen Beruf gesät", führte Hofer aus. Dann sei es wichtig, diese Berufung zunächst einmal zu hüten, aber auch zu pflegen, zu begleiten, damit sie reifen, sich entwickeln, entfalten und auch bewähren könne. "Auch wenn es Gott ist, der ruft und beruft, so kommt es doch auch auf unser Bemühen und Unterstützen an, damit Berufene ihr Ziel auch tatsächlich erreichen", bekräftigte er. "Berufene zu begleiten, sie zu motivieren, zu fördern und zu fordern, das ist unsere Aufgabe."
"Unser Gebet brauchen alle sehr notwendig, die sich auf den Weg gemacht haben, damit sie in der Nachfolge Jesu vorankommen und trotz mancher Hindernisse und Schwierigkeiten ein freudiges Ja zum Ruf Jesu sprechen können", betonte Hofer unter Verweis auf das Matthäusevangelium, wo es heißt: "Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden".
Es gebe Gemeinden, die regelmäßig und "mit großem Eifer" um neue Berufungen für die Kirche beten. In anderen Pfarren hingegen spiele dieses monatliche Gebet wenig bis kaum eine Rolle. Er bitte jedoch alle, dieses Gebet nicht zu vergessen. "Von diesem Gebet geht ganz sicher viel Segen aus", zeigte sich der Bischof überzeugt.
Eine Meldung von www.kathpress.at