Wehrpflichtt oder Berufsheer: Ein Pro & Contra

Am 20. Jänner wird die Volksbefragung zu Wehrpflicht oder Berufsheer abgehalten. Als Entscheidungshilfe hat der Tiroler Sonntag hat zwei prominente Persönlichkeiten um ihre Stellungnahme gebeten.

Am 20. Jänner 2013 kommt es zur ersten österreichweiten Volksbefragung. Zwischen zwei Fragen ist zu entscheiden: „Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres?“ oder „Sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?“ Die Regierungsparteien haben sich geeinigt, das Ergebnis umzusetzen. Da es sich hierbei um ein Thema der Sicherheit der Republik Österreich handelt, hat sich der Tiroler Sonntag entschlossen, zwei Fachleute unterschiedlicher Ansicht zu Wort kommen zu lassen:

Für Wehrflicht und Zivildienst 

Neben Luftraumüberwachung und friedensunterstützenden Einsätzen im Ausland ist das Bundesheer für den militärischer Schutz der Bevölkerung sowie die Unterstützung (Assistenz) der Sicherheitsbehörden beim Schutz von lebenswichtigen Einrichtungen und die Hilfe in Bezirken und Gemeinden nach Katastrophen zuständig. Hierzu beruft das Bundesheer derzeit 24.000 junge Männer ein, die bisher als Profis in ihrem Bereich alle Aufgaben erfüllt haben. Ein Berufsheer würde kleiner sein und kann daher nicht im selben Umfang Aufträge erfüllen wie bisher. Bundespräsident Fischer meint: „Es gibt auch nicht in messbaren Größen definierbare Aspekte, die für die allgemeine Wehrpflicht sprechen. Nehmen wir die Integrationskraft. Ich bin da schon beeindruckt, wie hier Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten mit dem unterschiedlichsten konfessionellen Background an einem gemeinsamen staatspolitischen Ziel mitwirken.“

Ich bin daher für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes, weil sie das Bundesheer in der Bevölkerung verankert und die Sicherheit zu einem Thema für alle macht. Die Notwendigkeit für junge Menschen, ihre persönlichen Interessen einem Gruppenziel unterzuordnen, unterstreicht die starke Integrationswirkung, die junge Menschen unabhängig von ihrer Herkunft in Kameradschaft zusammenführt.

Die Wehrpflicht ist eine optimale Basis für ein weiteres freiwilliges oder berufliches Engagement im Bundesheer oder, im Wege des Wehrersatzdienstes, für eine Zivildienstorganisation. Als Mischsystem von Rekruten, Berufs-, Zeit- und Milizsoldaten ist sie die beste und kostengünstigste Form zur Erfüllung aller Aufgaben für die Landesverteidigung und die Republik.

Mag. Herbert Bauer
Generalmajor, Militärkommandant von Tirol 

 

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Für Berufsheer und Sozialjahr 

Das Entscheidende vorweg: Weder die sicherheitspolitische Lage in Europa und die Bedrohungsszenarien für Österreich noch die daraus resultierenden Aufgaben des Bundesheeres stellen länger einen ausreichenden Grund dar, jährlich zehntausende junge Männer zu einem verpflichtenden, monatelangen Wehr- bzw. Zivildienst heranzuziehen. Die Wehrpflicht ist weder militärisch noch gesellschaftspolitisch und schon gar nicht volks- bzw. betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen.

Heute und in Zukunft braucht eine moderne Landesverteidigung Spezialisten, welche sich professionell den komplexen Herausforderungen stellen. Ein Profiheer mit einem Mix aus weniger Berufs-, deutlich mehr Zeit- und aus Milizsoldaten völlig neuer Qualität wird den Anforderungen an moderne Streitkräfte gerechter werden und uns von einer Ausbildungsarmee zu einer Einsatzarmee führen. Einer Armee, die über eine rasche Reaktionsfähigkeit besonders auch für die wichtigen Katastrophenhilfseinsätze im Inland verfügt. Dieses Profiheer wird „jünger“ und durch den hohen Zeit- und Milizsoldatenanteil bestens in der Gesellschaft integriert sein. Auch der Zivildienst kann durch das innovative Modell des freiwilligen bezahlten sozialen Jahres hervorragend kompensiert werden.

Schlussendlich untermauern auch die stark rückläufigen Geburtenraten die Notwendigkeit, den verpflichtenden Wehr- und Wehrersatzdienst zu ersetzen. Zu ersetzen durch 8.000 Engagierte im Rahmen des freiwilligen Sozialjahres und durch ein professionelles Bundesheer. Ein Bundesheer als attraktiver Arbeitgeber. Ein Bundesheer ohne Söldner, aber mit rot-weiß-roten Soldatinnen und Soldaten im Einsatz für Österreich auf Basis der immerwährenden Neutralität.

Mag. Jürgen Ortner
Oberst des Generalstabsdienstes, Kabinett des Verteidigungsministers 

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