Vom Einzelkämpfer zum Jesus
Als „Jesus“ tragen Sie bei der Thierseer Passion viel Verantwortung. Haben Sie ohne Zögern zugesagt?
Ich hatte früher nichts mit den Passionsspielen am Hut und durch den Skisport auch nicht die Zeit dazu. Als ich für diese Rolle gefragt wurde, war für mich schnell klar, dass ich das machen möchte. Da ich meine Leidenschaft, das Ski fahren, aufgrund einer Verletzung aufgeben musste, hatte ich eine große Lücke in meinem Leben. Ich habe darin eine neue Herausforderung gesehen. Es war für mich genau das, was ich gesucht habe.
Verändert diese Rolle Ihren christlichen Glauben?
Sie hat mich sicher näher zum Glauben gebracht, obwohl ich immer ein gläubiger Mensch war, auch wenn ich nicht jeden Sonntag in der Kirche bin. Ich habe mich durch den Text und die Rolle intensiver mit Jesus beschäftigt. Natürlich beeinflussten mich hier auch die Gedanken unseres Regisseurs Diethmar Straßer, der mich Jesus als Menschen mit Emotionen darstellen lässt, der einmal grantig, dann wieder überglücklich ist, mit den Höhen und Tiefen seiner göttlichen und menschlichen Seite.
Wie schaffen Sie es, Emotion und Spannung aufzubauen und diese auf Mitspieler und Publikum zu übertragen?
Wenn ich bei meinem ersten großen Auftritt, dem Monolog bei der Bergpredigt, spüre, dass ich die Zuschauer erreiche, gibt mir das Sicherheit und Kraft für das weitere Spiel. Noch entscheidender für mich ist aber der familiäre Zusammenhalt der Passionsspielgemeinschaft, durch den ich mich richtig gehen lassen kann. Wenn ich in die Gesichter der Apostel schaue, weiß ich, dass jeder seine Rolle lebt und sich in die jeweilige Person hineinfühlt. Unser Regisseur hat mir von einem Schauspieler erzählt, der gefragt hat, wie er den König spielen soll. Die Antwort war: ‚Gar nicht. Die anderen machen dich dazu.‘ – Genauso ist es auch mit Jesus.
Was macht die besondere Stimmung Abendmahlsszene?
Diese Szene ist wie ein Atemzug, den man in der Mitte abbricht. Und auch die Szene, die mich am meisten fordert. Es ist keine Verabschiedung, wie wir sie im Alltag leben. Das wäre einfach zu spielen. Es ist vielmehr ein letzter, wortloser Ratschlag an die Menschen, die Jesus wichtig waren, der Auftrag, dass sie das machen sollen, was er ihnen gesagt hat.
Hat das Passionsspiel etwas Neues in Ihr Leben gebracht?
Fast zehn Jahre habe ich nur für den Leistungssport gelebt. Obwohl man als Team unterwegs ist, ist das ein harter Einzelsport, weil man am Ende des Tages Erfolge alleine feiert und bei Niederlagen auch ganz alleine ist. Bei der Premiere haben wir den Erfolg gemeinsam ‚eingefahren‘ und gefeiert. So ein gewaltiges Gemeinschaftsgefühl habe ich noch nie erlebt. Es hat mir gezeigt, dass ich nicht der Einzelkämpfer, sondern ein Familienmensch bin.
Ich bin weder bei der Musikkapelle, noch beim Chor, nicht bei der Feuerwehr und auch nicht bei den Schützen. Durch die Passion konnte ich in kürzester Zeit viele Thierseer kennenlernen. Auch die Beziehung zu meinem Cousin Michael Juffinger, der mit mir abwechselnd Jesus darstellt, hat sich verändert: Wir sind nicht mehr nur verwandt, sondern befreundet.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie mit der Rolle eine stärkere Vorbildfunktion übernommen haben?
Das hoffe ich. Gerade für junge Leute. Es ist schade, dass man den Glauben nicht mehr so zeigen kann oder will. Ich denke nicht, dass die Jugend ungläubig ist, öffentlich Glauben ist nur aus der Mode gekommen. Jeder sollte sich sein eigenes Bild vom Glauben machen. Ich brauche keine religiösen Fakten und keine Chronologie. Ich will mir den Glauben vorstellen können. Ich finde es spannend, wenn sich jeder seine eigene Glaubenswelt aufbauen kann. Ich würde mich freuen, wenn wieder mehr Junge Mut zum Glauben hätten, weil er mir so viel Kraft gibt.
Thierseer Passionsspiele
Seit mehr als 200 Jahren steht Thiersee alle sechs Jahre im Zeichen der Passionsspiele. 250 Laiendarsteller und Musiker aus der Gemeinde stellen sich auch heuer wieder ganz in den Dienst der Passionsspiele und vermitteln Zuschauern aus Nah und Fern das Leben und Leiden Jesu Christi.
- Zum dritten Mal gehen die Passionsspiele unter der Regie von Diethmar Straßer über die Bühne, der derzeit an der Wiener Volksoper als künstlerischer Betriebsdirektor tätig ist.
- Trotz ihrer jahrhundertelangen Tradition werden die Passionsspiele immer wieder überarbeitet und aktualisiert. So wurde vor ca. 10 Jahren der Text der Passionsspiele in Zusammenarbeit mit Salzburger Theologen auf das Markusevangelium zurückgeführt. 2011 wurde die Rolle des Judas überarbeitet, der nun nicht mehr nur als Verräter, sondern als politisch denkender und agierender Mensch dargestellt wird, der in Jesus einen Revolotionär im politischen Sinn gesehen hat.
- In der aktuellen Passion werden mit einer zweiten Handlungsebene der historische und soziale Kontext der Passion thematisiert. So betreten auch Menschen die Bühne, die Jesus nicht direkt getroffen haben, jedoch indirekt von seinem Leben beeinflusst wurden.
Die nächsten Termine:
Freitag, 22. Juli, 19 Uhr
Sonntag, 31. Juli, 13.30 Uhr
Samstag, 6./14./21. August, 13.30 Uhr
