Verbunden mit Reinhold Stecher

Vor einem Jahr, am 29. Jänner 2013, ist Altbischof Reinhold Stecher gestorben. Gedanken zum Jahrestag seines Todes von seinem ehemaligen Generalvikar, Dr. Klaus Egger.

„Ich bin mehrmals in die Domkrypta hinabgestiegen, um mein Verbundensein mit Bischof Reinhold Stecher über den Tod hinaus wahrzunehmen. Ich bin im vergangenen Jahr oft und oft auf unseren allseits geschätzten Altbischof angesprochen worden. Ich habe mit Staunen die große Nachtwallfahrt nach Maria Waldrast wahrgenommen und ich habe mich über die von seinem Freund Paul Ladurner herausgegebene ,Nachlese‘ gefreut“. Gedanken zum Jahrestag des Todes von seinem ehemaligen Generalvikar, Dr. Klaus Egger.

Es war in den ersten Tagen des Jahres 2013, als ich einen Neujahrsgruß von Bischof Reinhold erhalten habe. Darin schreibt er: „Wir wollen einander auch im neuen Jahr verbunden bleiben.“ Und dann kam die Nachricht von seinem überraschenden Tod. In den Tagen vor seinem Begräbnis, beim Requiem im Dom zu St. Jakob und beim Trauerkondukt durch sein geliebtes Innsbruck konnte man die Verbundenheit eines ganzen Landes mit ihm nochmals in beeindruckender Weise erleben.

Und was war jetzt mit der Verbundenheit, von der er in seinem Neujahrsgruß geschrieben hat? Gab es da noch etwas? Ja, da gab es noch etwas, was nicht bloß für meine Verbundenheit mit Reinhold Stecher wichtig war, sondern auch etwas, was mich ihm neu begegnen ließ.
Mit gläubigem Herzen und wachem Geist.
Im vergangenen Sommer hat mich Generalvikar Jakob Bürgler gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, aus dem schriftlichen Nachlass von Bischof Reinhold Vorträge und Ansprachen auszuwählen und diese im Namen der Diözese als Buch zu veröffentlichen. Ich habe zugesagt und in diesen Tagen wird es mit dem Titel „Mit gläubigem Herzen und wachem Geist – Begegnungen mit Land und Leuten“ im Tyrolia-Verlag erscheinen. Was ich mir vorher kaum vorstellen konnte, ist eingetreten. Ich habe Reinhold Stecher nochmals neu kennengelernt. Er war nicht bloß der geschätzte Bischof, nicht bloß der begabte Hobby-Maler, Buchautor, Prediger und Festredner, er hatte die Gabe, dem Leben in seiner ganzen Vielfalt jenen Glanz verleihen, der den Alltag aufbricht und das Ewige ahnen lässt. Und dabei habe ich eine Entdeckung gemacht.
Verwurzelung in der biblischen Weisheitsliteratur.
Beim Lesen der ausgewählten Vorträge ist mir aufgefallen, dass Bischof Reinhold des öfteren auf Texte der biblischen Weisheitsliteratur verweist. Einmal erwähnt er auch, dass er nach seiner Priesterweihe neben seelsorglichen Aufgaben über mehrere Jahre hinweg an einer Dissertation über die Weisheit Israels gearbeitet hat. Die Weisheitsbücher zielen auf die Vermittlung von Lebenswissen, das zum einen in der Glaubenserfahrung Israels und zum anderen im Gespräch mit der zeitgenössischen Kultur wurzelt.  Zentrales Thema ist der Mensch, aber auch die unbelebte Natur, die Pflanzen und die Tierwelt. Alles steht unter der großen Überschrift „Der Anfang aller Weisheit ist die Ehrfurcht vor dem Herrn“. Der Weisheitslehrer spricht in einer bildhaften und poetischen Sprache, die allen verständlich ist, um die gläubige Lebenserfahrung Israels  in einer ganz neuen multikulturellen Welt zu vermitteln. Ganz gleich, wo und vor welchem Publikum unser Altbischof gesprochen hat, er ist durch die Tür seiner Zuhörer und deren Lebenssituation eingetreten und hat  ihnen das Fenster zum Ewigen, zum Geheimnis, das wir Gott nennen, geöffnet.
Einladung zum Glauben.
Unter diesem Titel „Einladung zum Glauben“ haben die französischen Bischöfe in den 90-iger Jahren ein viel beachtetes Hirtenwort veröffentlicht. Verkündigung der Heilsbotschaft muss den Charakter einer Einladung tragen. Bloße „Weitergabe“ des Glaubens an die nächste Generation und auch die Vermittlung von Katechismuswissen genügt nicht für eine Neuevangelisierung. Heute geht es darum, zum Glauben, der dem Leben Tiefe und Weite schenkt, einzuladen. Bischof Reinhold hat es verstanden, mit großem Einfühlungsvermögen in  die Situation und Lebenswelt seiner Zuhörer dieses Angebot zu vermitteln. Es ging ihm darum, Freude am Glauben zu vermitteln, ohne diese in irgendeiner Weise aufzudrängen. So schließt er die Festrede am Chirurgenkongress im Jahr 1997 mit den Worten: „Sie wissen, dass ich als Bischof natürlich der Vertreter einer bestimmten gläubigen Weltsicht bin. Die ist niemandem aufzuzwingen. Diese letzten Entscheidungen bleiben in Ihrer persönlichen Intimität, in die niemand plump eindringen kann. Aber ich hoffe, dass ich mit diesen beiden Gedanken – die Kultur des leisen Erlebens und die Sehnsucht nach Sinnstiftung – die letztlich an das rühren, was man Transzendenz nennt, doch auf eine gewisse Zustimmung rechnen darf.“ 

 

Reinhold Stecher: Mit gläubigem Herzen und wachem Geist - Begegnungen mit Land und Leuten. Eine Sammlung von Ansprachen und Festreden von Reinhold Stecher, ausgewählt und herausgegeben von Prälat Klaus Egger

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