Tiroler bei Heiligsprechung der Päpste

Tiroler Sonntag-Mitarbeiter Matthias Hofer erlebte hautnah die Vorbereitungen zur Heiligsprechung der Päpste in Rom.

„Nachdem ich von der Heiligsprechung Anfang Oktober des vergangenen Jahres erfahren habe, war für mich klar: Ich möchte live dabei sein“, erklärte mir Aleksandra. Die Mittzwanzigerin war umringt von mehreren Mädchen und Burschen. Sie einte ein olivgrünes T-Shirt, das ein Sticker mit dem Kopf von Papst Johannes Paul II. zierte. 

von Matthias Hofer
Einer aus der Gruppe von polnischen jungen Erwachsenen schwenkte eine weiß-rote Flagge. Auch wenn sie eine stattliche Größe hatte, stach sie trotzdem nicht ins Auge. Am ganzen Petersplatz wehten hunderte weitere Fahnen des Heimatlandes von Karol WojtyÅ‚a. Weiß-rot war zwar dominierend, aber auch andere Länder zeigten Farbe. Man sah Flaggen von südamerikanischen Staaten genauso wie von asiatischen oder afrikanischen. Es schien, als hätten sich Menschen von überall her an diesem Wochenende im Vatikan eingefunden. Menschen, die im Aussehen unterschiedlicher nicht hätten sein können, aber die der gemeinsame Glaube verband. Eine riesige Flagge stach mir besonders ins Auge: Auf ihr waren die Fahnen aller Länder abgebildet. Ein Bild, das Bände sprach.
Aus dem Libanon. Auffallend auch eine rot-weiß-rote Fahne mit einem Baum in der Mitte: die Fahne des Libanon. Als ich mir den Weg dorthin gebahnt hatte, starrten mir zwei Kinderaugen entgegen. Ein Bub im Volksschulalter teilte sich eine beige, karogemusterte Decke mit seinen Eltern und seiner Großmutter. Sie waren Teil einer größeren Pilgergruppe. Den mir sogleich angebotenen Platz auf der wollenen Unterlage nahm ich erfreut an. Das Englisch des Familienoberhauptes war solide. Er erklärte mir, dass sie ohnehin schon länger Rom als Pilgerziel ins Auge gefasst hatten. Die Heiligsprechung bot nun den passenden Anlass dafür. 

Gitarrenakkorde, Trommelklänge, heiteres Lachen und sanfte Gesänge umrahmten die Szene, während ich durch die Reihen von Pilgern schlenderte. Viele trugen Leibchen mit aufgedruckten Bildern der beiden Päpste, zu deren Heiligsprechung hunderttausende Menschen nach Rom gekommen waren. Auch die Fassade des Petersdoms war dekoriert mit gigantischen Porträtfotos der beiden Päpste, welche somit stets ein Auge auf die Gläubigerschar hatten. Ich war von dieser Stimmung derart bewegt, dass ich beinahe den vertraut klingenden Tiroler Dialekt, der an mein Ohr drang, überhörte. Ein Ehepaar aus dem Mittelgebirge hatte sich so wie ich unter die Pilgermassen gemischt. „Die Tiroler findet man halt überall“, rief der Mann noch augenzwinkernd über seine Schulter, während sie sich wieder weiter in Richtung des Obelisken bewegten.
Sanctus. Die Sonne stand bereits einigermaßen tief am Himmel. Die Aufbauarbeiten waren beinahe abgeschlossen. Es fehlte nur noch der letzte Feinschliff. Hie und da zupfte noch jemand an den Blumenbouquets herum. Aber ansonsten hatte ich das Gefühl, dass der kleinste Staat der Welt bereits sehr gut für die wahrscheinlich größte Feierlichkeit des nächsten Tages vorbereitet war.
Nur bei dem Grab von Papst Johannes Paul II im Petersdom, wo zahlreiche Pilger knieten und in Gebete versunken waren, hatte man das Gefühl, dass die Heiligsprechung bereits passé war. Seine letzte Ruhestätte zierte nämlich bereits seit einigen Tagen eine neue Inschrift: Sanctus. 

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