Neue CD: Wiltener Sängerknaben singen Arvo Pärt

Auf Einladung des achtzigjährigen Komponisten Arvo Pärt haben die Wiltener Sängerknaben eine CD mit Werken des österreichisch-estnischen Komponisten aufgenommen. Im Interview erzählt Chorleiter Johannes Stecher vom Geist dieser Musik und davon, wie ...

Auf Einladung des  achtzigjährigen Komponisten Arvo Pärt haben die Wiltener Sängerknaben eine CD mit Werken des österreichisch-estnischen Komponisten aufgenommen. Im Interview mit Petra Nachbaur erzählt Chorleiter Johannes Stecher vom Geist dieser Musik und davon, wie eine Pause die jungen Vokalisten auf die Probe stellt.  

Tiroler Sonntag: Babel ist in Telfs und Ampass aufgenommen.
Johannes Stecher: Der richtige Raum ist eine große Kirche mit guter Akustik. Sie muss ein paar Stunden zur Verfügung stehen, das ist nicht selbstverständlich. Und noch weniger selbstverständlich ist die Ruhe: In Innsbruck gibt es keine Kirche ohne Geräuschkulisse: Flieger, Straßenbahn, Motorradln.
Die Kirchen suchten Sie aus, die Stücke wer?
Pärt selbst. Er hat seinen Vorschlag mit dem Verlag "col legno" und Universal Edition an uns herangetragen. Ich habe ihn dann kennen gelernt und hatte den Eindruck, dass Arvo Pärt schon ein sehr religiöser, spiritueller, am Transzendenten interessierter Mensch ist. Und dass das auch den Kern seiner Kompositionstätigkeit ausmacht. 

Wie war Ihre Begegnung?
Ich zu Arvo Pärt: „Ich liebe die Bs. Der Vergleich hinkt, weil man Pärt ja mit hartem P schreibt, aber ich verbinde Bach, Bruckner und Pärt.“ – Da hat er gelacht.! Der Vergleich hat ihm gefallen. Seine Motetten führen Bruckner fort. Auch Pärts instrumentale Musik ist sakrale Musik, ist zumindest mein Eindruck. 

Wie kommt Pärt auf die Wiltener Sängerknaben?
Über unseren Klang! Der Knabenchor hat etwas so klar Leuchtendes, auch ein Vibrato, aber ein kleineres als Frauen. Und: Es sind 50 Männerstimmen dabei, harmonisch gewachsen. Andere Formationen tun sich nur punktuell zusammen. Der King’s College Choir und der Windsbacher Knabenchor haben schon Stücke eingespielt, aber eine Zusammenschau gibt es so zum ersten Mal.
Manches zum ersten Mal überhaupt.
Die Erstaufnahmen freuen uns sehr. Sie passen so gut zu den Buben: Zum kommenden Jubiläum der Erscheinungen in Fátima erging ein Kompositionsauftrag an Pärt, und da sind schließlich Kinder die Auserwählten. Einen besonderen Platz haben sie auch in den biblischen Seligpreisungen der zweiten Ersteinspielung. 

Kinderspiel ist Pärt aber für die Interpreten keins.
Bis in die Stille hinein! Ans Ende von The Deer’s Cry ist eine lange Pause komponiert, zehn Sekunden zirka: Wie oft haben wir diese Pause geübt …! Die Konzentration, die Spannung, den Blick, das Sich-nicht-Rühren! Dass das nicht abdriftet, dass klar ist: Ich hör zwar nix mehr, aber das Stück ist noch nicht aus. Ich hab dem Chor eingeschärft: Das Publikum hat nur dann eine Chance, wenn es noch voll dran bleibts! 

Wie stellen sich die Kleinen auf diese Arbeit ein?
Sie merken, dass ich voll dahinter steh: Pärt ist so am Punkt, inhaltlich und musikalisch, so – theologisch gesprochen: begnadet. Das so schreiben und vermitteln zu können …! Die Buben nehmen da viel an. 

Woher rührt der große Anklang von Arvo Pärt?
Es ist Musik für suchende Menschen. Die sich eine Rückverbindung wünschen im Sinn von Religion.
Es geht um Sinn, und das ist spürbar beglückend. Bach meinte, alles Singen, das nicht der Ehre Gottes dient, ist leeres Geplärr. Das sagt Arvo Pärt natürlich nicht. Aber ich vermute, dass er vielleicht ein bisschen ähnlich denkt. 

www.saengerknaben.com 

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Tiroler Sonntag - Aktuell