Nächstenliebe geht durch den Magen

Täglich fährt der VinziBus in Innsbruck seine Runde und gibt eine Mahlzeit und Tee an Bedürftige aus. Eine Mitarbeiterin der Kirchenzeitung TIROLER SONNTAG war mit dabei.

Täglich fährt der VinziBus in Innsbruck seine Runde und gibt eine Mahlzeit und Tee an Bedürftige aus. Eine Mitarbeiterin der Kirchenzeitung TIROLER SONNTAG war mit dabei. 

von Renate Neumaier

17:55 Uhr, -3.3 Grad, Eisregen – die Scheibenwischer können kaum eine klare Sicht schaffen. Ein Gast hält schon Ausschau nach dem Bus und weist mit großer Begeisterung den Parkplatz hinter der Markthalle an. „Oh, der Chef persönlich.“

Gernot-Klaus Christler, Präsident der österreichischen Vinzenzgemeinschaften, ist heute mit Otto unterwegs, einem seiner rund 60 ehrenamtlichen Innsbrucker-VinziBus-MitarbeiterInnen. Kaum ist die Heckklappe geöffnet, haben die beiden schon alle Hände voll zu tun. Berner Würstel, Maiskolben, Sugo und Powidltascherl mit Brösel von der Cateringfirma Meraner. „Immer eine Überraschung. Wir wissen nie, was wir bekommen.“  – „Und sehr gut, sehr gut“, wird Klaus von einem Gast unterbrochen. Sechs Mal in der Woche kocht die Firma Meraner die Mahlzeit und am Sonntag werden Brote von den Barmherzigen Schwestern ausgegeben. Oft ist es das wichtige Nachtmahl, manchmal sogar das einzige Essen am Tag.

Ein zweiter Becher Tee. Einige der rund 20 Gäste hinter der Markthalle wärmen sich nach dem Essen noch an einem zweiten Becher Tee die Hände. Es wird geplaudert, erzählt von Träumen wie „einmal mit dem Richard Lugner auf dem Opernball sein“.
So mancher bittet noch ganz schüchtern um einen Nachschlag oder um ein bisschen Essen für jemanden, der nicht kommen kann. 

„Tankstelle menschlicher Wärme.“ So hat P. Wolfgang Pucher auf den ersten VinziBus, der seit 1. Dezember 1991 täglich in Graz unterwegs ist, drucken lassen.  1996 kam Gernot-Klaus Christler die Idee, „dass wir sowas auch in Innsbruck brauchen“. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten gibt es den Innsbrucker VinziBus, so wie er heute geführt wird, seit 2004.
Händedruck zum Abschied. „Das muss ich dir schon sagen, gell,... Die Innsbrucker sind die einzigen, die warmes Essen ausgeben. Überall sonst gibt’s nur Brote“, erzählt mir ein Obdachloser. Als solcher ist er Experte und kennt die Szene der Essensausgabe für Menschen ohne einem Dach über dem Kopf. Wieso er nach Tirol „übersiedelt“ ist? Die Hoffnung auf ein besseres Leben hat ihn hierher geführt. Und er sagt das mit einem „Danke“. Denn das sagt man hier immer. Mit dem ein oder anderen Händedruck werden Klaus und Otto am Marktplatz verabschiedet und fahren weiter zur Wolfgangstube im Kapuzinerkloster. 

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Tiroler Sonntag - Aktuell