Mit Karl Lehmann starb ein „Mann der radikalen Mitte“

Kardinal Karl Lehmann, langjähiger Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, starb im Alter von 81 Jahren. Er war Ehrendoktor der Theologischen Fakultät Innsbruck.

Mit Karl Rahner, dessen Universitätsassistent Lehmann einst war, teilte er nicht nur die theologische Wissenschaft, sondern auch die Rolle des Brückenbauers: Im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils war er stets offen für die Anliegen der Menschen. Dass das voller Glaubensüberzeugung gut möglich ist, zeigte auch sein bischöflicher Wahlspruch: „State in fide – stehet (fest) im Glauben“. 

Als Theologieprofessor hatte er den Entzug der Lehrerlaubnis seines Kollegen Hans Küng durch Rom als „rabenschwarzen Tag für die Theologie“ bezeichnet. 1983 wurde er mit 47 Jahren zum damals jüngsten Bischof Deutschlands ernannt, scheute sich aber auch weiterhin nicht, seine Meinung zu sagen. Dem vielfach geehrten Autor theologischer Bücher war der ökumenische Dialog ein Anliegen: 2016 war er der erste katholische Träger der Martin-Luther-Medaille. 2017 erlitt Lehmann einen Schlaganfall und war seither in Pflege.

Papst Franzikus würdigte Kardinal Lehmann als herausragenden Kirchenmann, dessen Anliegen es stets gewesen sei, „offen zu sein für die Fragen und Herausforderungen der Zeit und von der Botschaft Christi her Antwort und Orientierung zu geben“. 

 

Enge Verbindung zu Tirol. Kardinal Lehmann pflegte eine enge Beziehung zu Tirol, die vor allem seiner Freundschaft zu Karl Rahner zu verdanken ist. 1984 stand Lehmann dem Requiem für Rahner in der Innsbrucker Jesuitenkirche vor. Hierher kam er, um 1991 von der Universität Innsbruck die Ehrendoktorwürde entgegenzunehmen.

Als „Theologen, der nicht nur Behauptungen aufstellte, sondern seine Thesen in einem argumentativen Dialog vermittelte“, würdigte Univ.-Prof. Josef Quitterer, Dekan der Theologischen Fakultät Innsbruck, den Verstorbenen. Und Univ.-Prof. Roman Siebenrock, jahrelang führend in der Rahner-Forschung tätig, erinnerte an Lehmanns Leistungen für die Erstellung der Gesamtausgabe der Werke Rahners. „Immer bekannte er sich zu seinem Lehrer, ohne in das Spiel der Ausgrenzung zu verfallen“, so Siebenrock.

Lehmann bei seinem Besuch 2003 in Innsbruck Bild: Tiroler Sonntag