Katholisch heißt: Alle haben Platz

Was heißt katholisch? Korsett oder Weite. Angst oder Freiheit%u201C %u2013 dazu sprach Bischof, Manfred Scheuer im Haus Valgrata in Villgraten.

„Was heißt katholisch? Korsett oder Weite. Angst oder Freiheit“ – dazu sprach Bischof
Manfred Scheuer im Haus Valgrata in Villgraten. In seinem Vortrag blickte
Bischof Dr. Manfred Scheuer in die frühe Geschichte der Kirche, in der „katholisch“ noch in seiner ursprünglichen Bedeutung aus dem Griechischen mit der Übersetzung „allumfassend“ verstanden wurde. Im Laufe der Zeit wandelte sich dieses Verständnis und wurde zu einem Begriff für Unterscheidung, im Sinne von Abgrenzung zur orthodoxen und
evangelischen Kirche. Katholisch im Sinne von „allumfassend“ scheint auch heute ein Widerspruch zu sein. Der häufig gebrauchte Satz „Das dürfte in der Kirche nicht passieren“
zeigt: „Allumfassend bedeutet nicht, dass alle perfekt sind und moralisch einwandfrei. Vielmehr ist die Bandbreite bedeutsam. 

Alle haben Platz“, so Bischof Scheuer. Auch in der gegenwärtigen Situation der Kirche zeige sich das: „Nicht jeder glaubt gleich.“ Vielfältige Kirche. Bischof Manfred Scheuer
thematisierte auch die schwierigen Bereiche in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche und betonte zugleich die Wichtigkeit des Lernens daraus. Das bekannte Büchlein „Kirche im Vierfarbendruck“ von Altbischof Reinhold Stecher diente Bischof Manfred
Scheuer als Beispiel, um die Vielfalt der katholischen Kirche zu zeigen. „Wichtig ist, selber zu glauben. Selber mitzufeiern. Selber einander zu dienen. Das kann einem niemand
abnehmen. Die Glaubenserfahrung jedes Einzelnen ist wichtig. Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass die Familie in den Glauben einführt.“ 

Interessiert, aber unverstanden. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion erläuterte
Bezirksschulinspektorin Elisabeth Bachler die Situation des Religionsunterrichts in Osttirol.
Ein Blick in die Statistik zeige, dass Religion in der schulischen Bildungslandschaft
einen wichtigen Platz habe. Die Abmeldungszahlen beim Religionsunterricht sind gering: „Die Jugend ist interessiert, aber viele fühlen sich nicht verstanden. Die Kirche hinkt den
Entwicklungen immer wieder hinterher“, resümiert die Bezirksschulinspektorin. Der
evangelische Pfarrer Mag. Hans Hecht meinte: „Ich sehe eine große Weite in der Anerkennung der Taufe. Ich sehe eine große Weite im Neuen Testament. Aber ich sehe eine große Enge darin, dass viele Menschen in der katholischen Kirche keinen Platz haben.“ 

Sehnsucht nach spürbarer Kirche. Die Wortmeldungen aus dem Publikum zeigten das Interesse der Menschen an einer Kirche, die als allumfassend spürbar wird. Immer wieder stellte Bischof Manfred Scheuer fest: „Die Orte der Kirche sind vielseitig. Kirche ist nicht festzumachen an einem geweihten Amtsträger.“ Pfarrer Hecht ergänzte: „Jeder von uns ist Kirche. Jeder einzelne von uns repräsentiert Christus.“

hans_hecht%2C_elisabeth_bachler%2C_manfred_scheuer.jpg
Tiroler Sonntag - Aktuell