Josef, heilig durch Nicht-Tun?

Zum Fest des hl. Josef am 19. März schreibt Josef Quitterer, Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck, an seinen Namenspatron.

Lieber Namenspatron!  

Manchmal habe ich mich gefragt, worauf deine Heiligkeit eigentlich beruht. Oft tauchst Du ja nicht gerade in der Heiligen Schrift auf. Es gibt kein einziges überliefertes Wort von Dir. Worin bestand dein heilbringendes Wirken? Ist es allein deine Rolle als Stiefvater Jesu – sozusagen als Ernährer der Heiligen Familie? 

Wenn man sich die wenigen Bibelstellen vor Augen führt, in denen Du vorkommst, fällt auf, dass Dein Tun eher ein Nicht-Tun ist. Du greifst nie wirklich ins Geschehen ein. Bedeutet das, dass deine Rolle die des rein passiven Beobachters ist? Bist du jemand, der sich lieber aus allem raus hält? 

Schaut man genauer hin, zeigt sich, dass Dein Nicht-Handeln eher ein Unterlassen von etwas ist, das man normalerweise tun würde. Da ist die Geschichte mit Deiner Verlobten Maria. Sie erwartet ein Kind, das nicht von Dir ist, und Du tust gerade das nicht, was viele Männer in diesem Fall tun würden: Du hast Maria nicht weggeschickt. 

In der zweiten Geschichte wird euer Sohn vermisst; er blieb im Tempel zurück, ohne euch etwas davon zu sagen. Nach längerer Suche taucht er plötzlich wieder auf, und wieder sagst du nichts – es ist Deine Frau Maria, die Jesus zur Rede stellt: „Kind, wie konntest du uns das antun." Du hast deinen ‚Stiefsohn‘ nicht getadelt, als er allein im Tempel zurückblieb und ihr ihn suchen musstet – zumindest steht davon nichts in der Heiligen Schrift.

Kann es heilbringend sein, etwas zu unterlassen? Wie oft liegt uns in harten Diskussionen ein Wort auf den Lippen, das wir besser nicht sagen, wenn wir niemanden beleidigen wollen? Manchmal fällt es uns richtig schwer, uns zu beherrschen und nichts zu sagen. Wie oft würden wir lieber der Anwesenheit bestimmter Menschen ausweichen, aufstehen und gehen, weil es viel schwerer ist, auszuharren und sich der unangenehmen Situation auszusetzen? Wie schwer tun wir uns oft, jemanden nicht für sein Fehlverhalten zu tadeln oder unsere Überlegenheit nicht auszuspielen?

All das sind Situationen, in denen etwas nicht zu tun sicher heilsamer ist als aktives Tun. Eigentlich wird in diesen Fällen das Nicht-Tun zu einem Handeln. Oft erfordert es mehr Anstrengung und Disziplin, Dinge, die man gerne tun würde, nicht zu tun, als sie in gewohnter Manier auszuführen. Wir brauchen dazu einen starken Willen und müssen uns manchmal gegen alte Gewohnheiten durchsetzen. 

Ist es nicht gerade das, was Dich, lieber Josef, zu einem Heiligen macht? Du hast etwas nicht getan, was man normalerweise tun würde. Damit hast Du das Wirken Gottes in der Welt zugelassen und unterstützt. Mit Unterlassungen hast du mitgewirkt am Heilshandeln Gottes. So ist dein Nicht-Handeln für uns nicht nur in alltäglichen Situationen ein Vorbild. Es zeigt uns vielleicht, wie wir uns dem heilbringenden Handeln Gottes gegenüber verhalten sollten – es einfach zulassen, und nicht durch eigenmächtige Aktionen durchkreuzen und verhindern. 

Dein Josef Quitterer 

 

Termine: 

„Josefsmesse" mit Generalvikar Florian Huber am Montag, 19. März, 19 Uhr, Jesuitenkirche
Innsbruck – Gospelmesse mit Gail Anderson, Markus Linder, Hubert Trenkwalder, Kurt Wackernell – auf Einladung der AK und der Diözese Innsbruck. Im Anschluss Agape vor der Kirche
mit Fastensuppe.  

Montag, 19. März, 7 Uhr früh: Gottesdienst in der Klosterkirche Ewige Anbetung in Innsbruck.

Heiliger Josef mit Jesuskind. Plastik des Bildhauers Josef Schmidt (Rabenstein). Josef Quitterer hat sie vor 25 Jahren von seinen Eltern als Weihnachtsgeschenk bekommen. Foto: Quitterer