Ins Leben aufbrechen

Gedanken zum Osterfest von Jakob Bürgler, Generalvikar der Diözese Innsbruck und Herausgeber des Tiroler Sonntag.

Es wird mir unvergesslich bleiben. Vor dem Dom in Innsbruck hat das schutzlose und ramponierte Boot unzählige Blicke angezogen und starke Emotionen geweckt. „Mit dem Flüchtlingsboot am Felsen des christlichen Europa zerschellt!“ Das Boot hat provoziert. Jemand hat es zerstört. Aber damit hat es noch mehr an Symbolkraft bekommen: Das kaputte Boot – Bild dafür, was mit jenen Menschen geschieht, die aufgebrochen sind, um ein besseres Leben zu suchen. Gegen die Hoffnung der Flüchtenden stehen Abwertung und Feindbilder.
Ins Leben aufbrechen … Das will jeder Mensch. Wer von uns kennt nicht die Hoffnung und Sehnsucht nach einem glücklichen und erfüllten Leben? Wer will nicht ein Stück mehr an gutem Leben? Wer will nicht aufbrechen aus Sackgassen, Unausweichlichkeiten und belastender Not? Das Kreuz ist dem menschlichen Leben nicht fremd. Auch nicht die Tränen und die Angst. 

Die Christusfigur in der Mutterhauskirche der Barmherzigen Schwestern in Zams zeigt den Auferstandenen. Es ist als würde die gesammelte Lebenskraft Jesu aus dem Strahlenkranz „herausbrechen“. Der Strahlenkranz bricht auf und gibt den Blick auf den lebenden Herrn frei. Das Grab bricht auf und gibt das unbesiegbare Leben frei. Ein Aufbruch, der Leben zeugt. Aufbrechen, um zu leben.
In der Christusfigur wird sichtbar, was das christliche Osterfest ausmacht. Jesus teilt unser menschliches Leben bis in den Abgrund des Todes. Sein menschliches Gesicht sagt: Ich bin einer von euch. Hinter dem Kopf ist das Kreuz dargestellt – nicht als Schandpfahl, sondern als Schmuck. Das Leid und die Not haben nicht das letzte und alles zerstörende Wort. Sie werden gewandelt. Auch in den Wunden wird das sichtbar. Jesus versteckt die Wunden nicht. Sie sind da, aber sie haben ihre Macht verloren. 

Die Heilige Schrift ist offen. Wer in der Bibel liest, kann dem Lebenden begegnen.
Und das Segenszeichen: Gott will, dass unser Leben unter seinem Segenszeichen steht. Dein und mein Leben soll gut sein und heil werden. 

Unser Diözesanjubiläum 2014 steht unter dem Leitwort „Aufbrechen“. Von Herzen wünsche ich zum Osterfest ein Aufbrechen an Leben und Lebendigkeit.
Gesegnete Ostern!
  

Jakob Bürgler, Generalvikar der Diözese Innsbruck und Herausgeber des Tiroler Sonntag.

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