Himmelsforscher im Papstschloss

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„Der Stern, den die Sterndeuter hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war...“ (Mt 2,9). Auch zum Fest der „Erscheinung des Herrn“ am 6. Jänner ist in den Lesungen viel von Sternen die Rede. Über diesen ,,Stern von Bethlehem“ gab es vom 2. Jahrhundert an unzählige Spekulationen. Wichtige Forschungen dazu stammen von Experten der Vatikanischen Sternwarte.

Von Bernhard Hülsebusch 

Die Vatikanische Sternwarte zählt zu den ältesten astronomischen Observatorien der Welt. Ihre Ursprünge liegen im 16. Jahrhundert, als Papst Gregor XIII. daran ging, die einst von Cäsar entwickelte und inzwischen um elf Tage vom Sonnenjahr abweichende Zeitrechnung zu erneuern. Für die Arbeit der Forscher baute er im Vatikan den ,,Turm der Winde“. So kam es zu dem 1582 verkündeten, noch heute geltenden Gregorianischen Kalender.
Berühmte Forscher. Seit damals hat der Heilige Stuhl die astronomische Wissenschaft fast ununterbrochen kräftig unterstützt. Ein Höhepunkt dabei? Die Forschungen des genialen Astronomen Angelo Secchi (1818 bis 1878), der das römische Obervatorium der Jesuiten leitete. Pater Secchi wurde berühmt durch Studien über die Sonne und durch seine Einteilung der Sterne auf der Basis ihrer Farbspektren. Secchi gilt deshalb als Begründer der modernen Astrophysik.
Jene, die besonders im 19. Jahrhundert der Kirche feindlich gegenüber standen, warfen der Kirche gleichwohl weiterhin Wissenschafts-Feindlichkeit vor. Um dies zu kontrastieren, nahm Papst Leo XIII. im Jahr 1891 die Neugründung der Sternwarte auf dem vatikanischen Hügel vor.
Doch Anfang der 1930-er Jahre entstanden Probleme: Durch die mit dem Wachstum Roms verbundene Ausbreitung des elektrischen Lichts wurde der Himmel zu hell für die Erforschung schwach leuchtender Sterne. Folglich zog die den Jesuiten anvertraute Sternwarte 35 Kilometer südwärts in die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo um. 1935 weihte sie Papst Pius XI. ein.
Riesige Fernrohre. Rund 45 Jahre lang erforschten die Astronomen fortan mittels riesiger Zeiss-Fernrohre vom Papstschloss aus die Gestirne. Aber allmählich wurde auch über Castel Gandolfo der Himmel zu hell. Darum schuf die Sternwarte eine Filiale in Arizona (USA), wo man auf dem Monte Graham ein supermodernes Teleskop errichtete.
Die in Castel Gandolfo stehenden Fernrohre werden nun nicht mehr benützt. Freilich beherbergt die Sternwarte bis heute etliche Rechner sowie eine Bibliothek mit 22.000 Bänden, darunter Werke der berühmten Astronomen Tycho Brahe (1546 bis 1601, Johannes Kepler (1571 bis 1630) und Galileo Galilei (1564 bis 1642) – und natürlich von Angelo Secchi. Untergebracht ist auch eine Sammlung von 1200 Meteoriten. Meteoriten sind Festkörper kosmischen Ursprungs, die die Erdatmosphäre durchquert und den Erdboden erreicht haben.
Über den Stern von Bethlehem. Auch über den rätselhaften Stern von Bethlehem haben die Astronomen der Vatikanischen Sternwarte viele Studien angestellt. Anhand der vorliegenden Daten, heißt es dazu bei der ,,Specola“, der vatikanischen Sternwarte, könne man nicht ganz sicher sagen, ob es sich beim ,,Stern von Bethlehem“ um ein astronomisches Phänomen jener Zeit handle. ,,Aber es gibt gute Gründe für die Annahme, dass erst ein ungewöhnlicher Vorgang am nächtlichen Himmel die Weisen aus Mesopotamien zur Reise nach Judäa veranlaßte.“
Gott im Universum. Seit 2000 leitet der argentinische Astronom und Jesuit José G. Funes die Sternwarte. Er konterte in einem Interview die verbreitete Auffassung, ein echter Naturwissenschaftler müsse Atheist sein: ,,Falsch!“ Auch Papst Benedikt XVI. habe sehr gut dargelegt, dass nicht wenige Forscher  auf den Spuren Galileis weder der Vernunft noch dem Glauben entsagen: ,,Ich wurde Astronom, weil ich glaube, dass es möglich ist, im Universum Gott zu finden. Und mit dieser Überzeugung bin ich immer noch Astronom.“ 

Zum Bild: 

Das Bild zeigt die "Himmelsscheibe von Nebra". Sie gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung – hergestellt zwischen 2100 und 1700 vor Christus.

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