Ettal: Kloster vor den Toren Tirols

Vor den Toren Tirols, nicht einmal 20 Kilometer von der Landesgrenze entfernt, liegt das Kloster Ettal. Seine Geschichte ist eng mit jener Tirols verknüpft.

Vor den Toren Tirols, nicht einmal 20 Kilometer von der Landesgrenze entfernt, liegt das Kloster Ettal. Seine Geschichte ist eng mit jener Tirols verknüpft. Heute ist das barock in den Ammergauer Alpen liegende Kloster nicht nur ein Touristenmagnet. Es zählt zu den größten Arbeitgebern der Region. 

SUSANNE GADINGER

Über dem Hauseingang der Innsbrucker Pfarrgasse Hausnummer 6 – nahe dem Dom – ist eine Nachbildung des Ettaler Gnadenbildes zu bewundern. Abt Ignatius Ruess hatte dort das Original während des 30jährigen Krieges 1647 auf der Flucht vom Kloster Ettal über Mittenwald nach Innsbruck in Sicherheit gebracht. Im selben Jahr ließ Stadtpfarrmesner und Hofmusikus Karl Bussier die Kopie anfertigen und eine Widmung hinzusetzen: „Dem Haus, das stets bei Kriegsgefahr, der Sitz Marias von Ettal war, Sei im Frieden nun ein Schild, Maria in dem Gnadenbild.“

Ein Kloster wie eine Stadt. Die Kriegszeiten sind lange vorüber. Doch ruhig geht es in den alten Gemäuern zwischen Loisach- und Ammertal nicht wirklich zu. Tausende Wallfahrer und Touristen nehmen jährlich an Führungen durch die auf 900 Metern Höhe gelegene Klosteranlage teil. Eine Vielzahl von Betrieben ist für die „Grundversorgung“ des Klosters da: Bäckerei, Buch- und Kloster- laden, Buch- und Kunstverlag, Brauerei, Destillerie, Gärtnerei, Land- und Forstwirtschaft, Hotel und Ferienwohnungen, Schneiderei, Schreinerei, Schlosserei, Wäscherei und sogar ein Elektrizitätswerk.Mit 37 Landwirten aus der Region gründete Kloster Ettal 2005 die Genossenschaft Schaukäserei Ammergauer Alpen. In dieser werden täglich 3000 Liter Milch zu neun verschiedenen Käsesorten verarbeitet – vom Walnusskäse bis zum würzigen Bärlauchkäse. Dies, sowie die landschaftlich und verkehrstechnisch günstige Lage, haben entscheidend dazu beigetragen, dass sich Ettal zu einem der beliebtesten Benediktinerklöster Bayerns entwickelt hat.

Verantwortung vor Gott und den Menschen. Die wichtigsten Aufgaben der Benediktiner in Ettal sind allerdings das humanistische und neusprachliche Gymnasium sowie das Internat, die in der Tradition der 1710 gegründeten Ritterakademie stehen.Seit 1907 war Ettal wieder eine eigenständige Abtei und seitdem wurden Schule und Internat stets weiterentwickelt, das Gymnasium gilt als eines der besten in Bayern. Das Ettaler Bildungsprofil besteht in den drei aufeinander abgestimmten Säulen der sprachlichen Ausrichtung, der religiösen Erziehung sowie der Pflege von Musik und Theater. Das Internat sieht sich in der Tradition der Klöster des heiligen Benedikt. So heißt es auf der Internetseite des Internats: „Wir verstehen unser Jungeninternat als einen Ort, an dem junge Menschen lernen, nicht nur ihren Charakter weiterzubilden, sondern auch Seele, Geist und Leib zu schulen, damit sie ihr Leben in christlicher Verantwortung und mit sozialer Kompetenz gestalten können.“ Und: „So richtet sich unsere Erziehung nach einer christlichen Wertevorstellung aus, die auf einer tiefen Verantwortung vor Gott und den Menschen basiert.“

Dass es in Ettal auch Patres gab, die diese Verantwortung schändlich missachteten, hat Rechtsanwalt Thomas Pfister dokumentiert. Der vom Kloster eingesetzte externe Sonderermittler kam zu dem Ergebnis, dass rund 15 Patres mehr als 100 Internatsschülern Gewalt antaten oder sie sexuell missbrauchten. In seinem Bericht betont er, dass die Übergriffe mit dem Führungswechsel in Ettal 1990 ein Ende nahmen. In einem ZDF-Interview vom August 2010 sagt Abt Barnabas Bögle: „Das schöne und größte Ziel für mich wäre, dass es zwischen den beiden (gemeint sind Opfer und Täter, Anm. d. Red.) ein Gespräch gibt, wirklich auf gegenseitiger Augenhöhe, und dass der eine klar sagen kann, das und das hast Du mir zugefügt und der andere kann sagen, es tut mir von Herzen Leid.“Das Kloster und der „Verein Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer“ hatten einen gemeinsamen Weg der Bewältigung gefunden. Um diese sicherzustellen, ist ein Ex-Bundesverfassungsrichter vom Kloster beauftragt, die bisherige Aufklärungsarbeit zu prüfen.

http://www.kloster-ettal.de 

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