Einer ist immer schon vor uns da

Zum Welttag der Kranken am 11. Februar erzählen KlinikseelsorgerInnen von ihrer Arbeit, von Schwierigkeiten und freudigen Überraschungen.

Es ist Montag Vormittag. In der Küche der Klinikkaplanei sitzen einige SeelsorgerInnen zusammen. Nach der Teamsitzung bleibt noch Zeit für einen gemütlichen Kaffee. Dabei erzählen sie dem TIROLER SONNTAG, was ihre Arbeit prägt, von Schwierigkeiten und freudigen Überraschungen. 

CHRISTINA MANZL

„Ich hatte ein bunt gestreiftes Hemd an und darüber einen lilafarbenen Pullover. Da wurde ich zur Frau eines Unfalltoten gerufen. Als sie mich sah, meinte sie nur: ,Es ist schön, dass sie so bunt angezogen sind, aber ich hätte jetzt eher mit einem dunklen Mann gerechnet.’“ So erklärt Eberhard Mehl wie unterschiedlich die Vorstellungen der Patienten und Angehörigen von den SeelsorgerInnen sein können.Bunt gemischt. Insgsamt sind in den sechs Häusern der TILAK (Tiroler Landeskrankenanstalten) zehn hauptamtliche und 30 ehrenamtliche SeelsorgerInnen tätig.„Unsere Verschiedenheit hat den Vorteil, dass wir gut auf die individuellen Wünsche der Patienten eingehen können,“ so Eberhard Mehl. Von der Tiroler Mutter über den afrikanischen Praktikanten bis hin zum polnischen Priester sind in der Gruppe sehr unterschiedliche Menschen vertreten.Damit diese Verschiedenheit zum Reichtum werden kann, braucht sie auch Pflege. „Neben der verpflichtenden Teilnahme an Gesprächsbegleitung (Supervision) wird besonders der Austausch unter den SeelsorgerInnen gefördert. Ein wichtiger Ort dafür ist die Küche, wo viele Gespräche stattfinden,“ meint Margaretha Schneider.Auch nachts. Der Alltag der SeelsorgerInnen ist fordernd. Rund um die Uhr, also auch nachts, ist wenigstens ein Seelsorger erreichbar, erklärt Margaretha Schneider. Die Aufgaben, die tagsüber auf die Seelsorger zukommen, reichen vom einfachen Gespräch und der Feier der Krankenkommunion im Patientenzimmer, über die Betreuung von Angehörigen bis hin zu Segnungen vor schweren Operationen. Auch Verabschiedungen von Verstorbenen, Nottaufen und Namensgebungsfeiern von Säuglingen gehören zum Aufgabenbereich.Besonders wichtig ist oft, dass die Hilfe der SeelsorgerInnen rasch kommt. „Nicht nur Patienten und Angehörige sondern auch Ärzte und Pflegepersonal sind froh, wenn ihnen beim Überbringen von schlechten Nachrichten jemand zur Seite steht,“ fährt die Seelsorgerin fort. „Die Menschen hier in der Klinik verlassen sich auf uns. Sie wissen, dass wir verbindlich für sie da sind,“ ergänzt Thomas Pale.Frage nach dem „Warum?“ „Es sind nicht nur die Krisensituationen, sondern auch die vielen Gespräche am Krankenbett. Wenn meine Arbeit nur aus Notfällen bestehen würde, wäre es mir zu steil, glaube ich,“ antwortet Margaretha Schneider auf die Frage, warum sie den Beruf der KrankenhausseelsorgerIn ergriffen hat. „Ich rede oft und gern mit den PatientInnen über Sinn und Unsinn des Lebens,“ fügt sie mit einem Lächeln hinzu. Toni Schuierer ergänzt: „In meinem früheren Beruf als Leiter eines Bildungshauses sind die Menschen zu mir gekommen, weil sie das wollten. Hier sind Menschen, die sich ihre Situation nicht selber ausgesucht haben. Davor habe ich großen Respekt.“MitarbeiterInnen Gottes sein. „Für mich ist es ein wahrer Luxus, das, was mir persönlich zutiefst wichtig ist, auch im Beruf auszuüben,“ meint Gabriele Danler. „Schön ist auch, dass ich als Seelsorgerin immer auf etwas Größeres verweisen kann. Bischof Manfred Scheuer hat einmal gesagt: ‘MitarbeiterInnen Gottes zu sein, verleiht den Menschen ihre größte Würde’. Irgendwie treffen diese Worte ganz gut für mich zu.“ Eberhard Mehl, evangelischer Seelsorger, sieht es ähnlich: „Es kommt zwar auf uns an, aber es hängt nicht von uns ab.“ – „Da tut es gut zu wissen, dass Gott immer schon vor uns da ist,“ sagt Margaretha Schneider. Und Pfarrer Mehl ergänzt: „Und wenn wir einmal zu spät kommen, dann war er auch schon da.“Sprachlosigkeit aushalten. „Anders als bei Ärzten oder Psychologen haben wir nicht den Druck heilen zu müssen, das ist eine große Entlastung für uns SeelsorgerInnen.“ Und Gabriele Danler fährt fort: „Es ist schon viel Wert, bereit zu sein, etwas gemeinsam mit den Kranken auszuhalten.“ Eberhard Mehl kennt diese Situation: „Einfacher wäre es manchmal ins Reden zu entweichen.“ 

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Einer ist immer schon vor uns da