Damit Kinder gut groß werden können...

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Gerät eine Familie in Not, sind viele mit Hilfe zur Stelle. Veronika Knausz leitet die Familienhilfe der Caritas. Im Interview mit dem Tiroler Sonntag will sie „Mut machen, mit Kindern durch die Welt zu gehen“. 

Tiroler Sonntag: Rund 90 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen halten laut Tiroler Jugendstudie eine glückliche Familie für einen besonders hohen Wert. Trotzdem belegen Statistiken, dass die Zahl der Kinder konstant niedrig ist. Worin sehen Sie die Gründe?

Veronika Knausz: Ein entscheidender Grund ist sicher, dass sich die Zeit der Familiengründung um zehn Jahre verschoben hat. Wurde man früher schon Anfang 20 erstmals zu Eltern, ist dies heute bei den meisten erst Anfang 30 der Fall. Dazu kommt ein Bündel an Gründen wie, dass mit dem Beruf oft viele Unsicherheiten verbunden sind, hohe Lebenshaltungskosten, gesellschaftlicher Erwartungsdruck und Strukturen, die noch kinderfreundlicher sein könnten.

Tiroler Sonntag: Wirken Ehe und Familie und die damit verbundene Vorstellung einer lebenslangen Bindung eher bedrohlich als beglückend?

Veronika Knausz: Ein ganzes Leben mit einem Menschen zusammen zu bleiben wünschen sich viele Menschen, junge und alte. Dieses Ideal steht aber im Spannungsfeld zu unserem individualisierten Lebensstil, unseren Erwartungen und Wünschen ans Leben.

Tiroler Sonntag: Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen dem Zusammenhalt im Glauben und dem Zusammenhalt in einer Familie?

Veronika Knausz: Was ich erlebe ist, dass unter Menschen, die spirituell fest verankert sind, oft ein besonders starker Zusammenhalt besteht. Feste und Rituale stärken und geben Halt. Wenn ich mich als Teil einer Gemeinschaft fühle, unterstützt, gehört und gesehen fühle, dann erlebe ich auch als Familie schwierige Situationen als bewältigbar. Wobei mir wichtig ist festzuhalten, dass es viele verschiedene Formen von Familie gibt.

Tiroler Sonntag: Für viele Gemeinden auf dem Land ist es längst Wirklichkeit: Junge Erwachsene verlassen das Dorf. Welche Auswirkungen hat das für die Familien?

Veronika Knausz: Die Auswirkungen betreffen beide – die jungen und die alten Menschen, jene, die wegziehen, ebenso wie jene, die bleiben. Die, die alt werden, sind betroffen, weil im Alter niemand mehr zur häuslichen Pflege da ist. Und die, die wegziehen, sind betroffen, weil ihnen oft der so wichtige familiäre Rückhalt fehlt. Großeltern bedeuten für Kinder immer einen Reichtum. In einer schnelllebigen Zeit können sie Ruhe und Geborgenheit schenken und somit auch für Stabilität sorgen. Aber oft sind sie zu weit weg. Umso wichtiger ist die Unterstützung überforderter Familien, sei es in der Jugendarbeit, der Kinderbetreuung, der Erziehung, der Wertevermittlung, der Pflege, der Hausarbeit, der Hausaufgabenhilfe und der Beziehungsarbeit. Die soziale Arbeit mit Familien ist ein oft herausforderndes, aber unendlich wichtiges Arbeitsfeld, damit unsere Kinder gut groß werden können.  

          

Fachtagung und Podiumsdiskussion
Tagung „Es ist nie genug – Familie zwischen Ideal und Wirklichkeit“; Zeit: Freitag, 22. Februar, 8.30 bis 17 Uhr; Ort: Haus der Begegnung, Innsbruck; Tel. 0512/587869-12.
Programm: Referate von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal (Wien), Univ.-Prof. Dr. Leopold Neuhold (Graz) und Mag. Elisabeth Harasser, Leiterin der Kinder- und Jugendanwaltschaft (Innsbruck).
Podiumsdiskussion „Familie leben – Balanceakt zwischen Anforderung und Überforderung“. Mit Univ.-Prof. Wolfgang Mazal, Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung, und Vertretern der politischen Parteien; Zeit: Donnerstag, 21. Februar, 19.30 bis 21.30 Uhr; Ort: Haus der Begegnung, Innsbruck  

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Tiroler Sonntag - Aktuell