Ausflugstipp: St. Magdalena im Gschnitztal

St. Magdalena ist über einen steilen Weg im Gschnitztal zu erreichen. Matthias Hofer hat für den Tiroler Sonntag den kleinen Wallfahrtsort besucht.

Als Ausgangspunkt für die Wanderung können entweder der Dorfanfang von Gschnitz, die Kirche im Zentrum von Gschnitz (etwas weiter) oder Trins (am weitesten) gewählt werden. Damit man nach den 425 Höhenmetern Aufstieg noch in der Lage ist, die müden Glieder in die Kapelle zu schleppen, sollte zumindest ein wenig Grundkondition vorhanden sein. Der Steig wurde vor fünf Jahren anlässlich des 700-jährigen Bestehens von St. Magdalena durch die Schützenkompanie Trins erneuert und bietet somit ambitionierten Spaziergängern und Wallfahrern ein leicht begehbares Wandererlebnis.

Ein besonderer „Hingucker“ sind die Kreuzwegstationen, die, um Wind und Wetter zu trotzen, in einen Holzkasten mit Türchen gefasst wurden. Nach der Hälfte des Weges erreicht man ein Gatter, mit dem es etwas Besonderes auf sich hat. Schenkt man der Inschrift Glauben, so wird dem Wanderer eine ziemliche Verantwortung auferlegt. In gut lesbaren Lettern ist dort folgendes eingeschnitzt: „Bittschian tiat’s des Gatterl zua, sischt hobn mir in Ellbögen und Patsch vom Wind koa Ruah!“ (siehe Bilder rechts)Dies ist auch der Grund, warum die Ellbögener (1. Samstag im Juni) und Patscher (1. Samstag im September) früh morgens bei sich zu Hause (!) aufbrechen und eine Wallfahrt nach St. Magdalena unternehmen.

Im oberen Abschnitt lichtet sich der Wald zunehmend und gibt den Blick auf den imposanten Gebirgszug, der das Gschnitztal vom Stubaital trennt, frei. Berge, wie Habicht, Ilmspitze und Kirchdach machen Lust auf mehr. Nach 1 1/2-stündiger Wanderung zeichnen sich die Konturen der Kapelle am grünen Plateau ab, und man ist dem wohlverdienten Kaiserschmarrn schon sehr nahe.

Nachdem man schließlich das Kirchlein erreicht und das Ambiente aufgesogen hat, wird man für die Mühen des Aufstiegs mit einem tollen Ausblick belohnt. Die Mahlzeiten von Hüttenwirt Peter Pranger, der heuer bereits seinen 36. Sommer auf St. Magdalena verbringt, tragen ihr übriges dazu bei, dass man sich nun neu gestärkt dem Inneren der Kapelle widmen kann. Wer noch genügend Kraftreserven hat und kletteraffin ist, kann übrigens seine Fertigkeiten bei einer der 18 Routen (Schwierigkeit 4-7), die in den Fels nahe von St. Magdalena gebohrt wurden, unter Beweis stellen.
Im Kirchlein stechen einem sofort die Fresken ins Auge, die in das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts datiert werden. Viele der Darstellungen enthalten Szenen aus dem Leben der Heiligen Magdalena. Ein Kunstführer in Form eines kleinen Büchleins gibt detaillierte Auskunft über die einzelnen Fresken und Figuren. Erwähnenswert ist noch, dass Kaiserin Maria Theresia, die eine große Verehrerin von St. Magdalena war, jährlich 1000 Gulden spendierte. So zählte das Kleinod bald zu den reichen Wallfahrtskirchen des Landes. Für den Abstieg sollte man rund eine Stunde einplanen. 

 

Sagenhafter Beginn
Die Schönheit jenes Fleckens, auf dem die Wallfahrtskirche St. Magdalena hoch über dem Gschnitztal steht, dürfte auch einem adeligen, italienischen Herrn bewusst gewesen sein. Der Legende nach erlegte er sich auf Grund begangener Lastertaten die Buße auf, ein Kirchlein zu Ehren der hl. Magdalena zu errichten. Da er allerdings kein geeignetes Plätzchen wusste, überließ er seinem Esel die Wahl – wo immer dieser ihn hintragen würde, solle der Bau entstehen. Das Maultier überquerte der Erzählung nach das „brennerische“ Gebirge, bog bei Steinach Richtung Gschnitztal ab, passierte Trins und blieb schließlich in Gschnitz am Fuße eines Berges stehen. Nachdem der Esel seine Wahl mit erhobenem Haupt und Geschrei bekräftigte, brach er entkräftet zusammen. Noch am selben Tag trommelte der Mann Arbeiter zusammen, die ihm helfen sollten, den sakralen Bau an genau dieser Stelle zu errichten. Verzagt musste er allerdings mit ansehen, dass sein Vorhaben keinen Fortgang gewinnen konnte. In seiner Verzweiflung rief er Gott um Hilfe. Plötzlich erschienen Vögel, welche die Holzscheite mit ihren Schnäbeln fassten und auf einen grünen Boden hoch in die Berge hinauftrugen. So schnell es ihm seine Füße erlaubten, eilte er dorthin und siehe da: Ein geschnitztes Bildnis der betenden hl. Magdalena markierte den von Gott auserkorenen Platz. Ein Weg wurde angelegt, das Baumaterial hinaufgeschafft und wie durch ein Wunder ging die Arbeit von nun an sehr leicht von der Hand.
  

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Tiroler Sonntag - Aktuell