Kleine Aufbrüche in alter Pfarre

Die Opferbereitschaft der Gläubigen war groß, die Not war es auch. Die Franzosen-Kriege waren gerade vorüber, als die Pfarrkirche von Außervillgraten geweiht wurde. Das Jubiläum ist für die Pfarre Anlass, sich auf die Wurzeln des Glaubens zu besinnen.

Der Glaube in Außervillgraten? In der Stube des Widums sitzen Pfarrer Josef Mair, Pfarrgemeinderatsobmann Anton Fürhapter und Maria Trojer. „Sag lei du“, meint Maria Trojer zum Pfarrer. Dieser meint: „Mich würde zuerst interessieren, was ihr denkt“ – und gibt das Wort an den Obmann weiter. „Die Tradition ist wichtig“, erzählt Anton Fürhapter. Was nicht heißt, dass alles beim Alten bleibe. Seit vielen Jahren gibt es Lektorinnen, seit kurzem Kommunionhelferinnen. Neu sei auch, Überlegungen und Beschlüsse des Pfarrgemeinderates im Pfarrbrief zu veröffentlichen. So bleiben die Gläubigen auf dem Laufenden und können Anliegen besser mittragen.
Schöne Bräuche. Maria Trojer freut sich über schöne Bräuche im Dorf wie die Prozession
zu Allerheiligen. So verweilen die Gläubigen nicht beim Familiengrab, sondern ziehen in einer Prozession um die Kirche und den Friedhof. Sie zeigen damit: Wir Lebenden nehmen euch Verstorbene in unsere Lebensgemeinschaft herein. Auch wenn ihr tot seid, wir gehören zusammen. Auffallend stark ist für die langjährige Religionslehrerin Maria Trojer die Lichterfreudigkeit. Zu Herz Jesu und zum Hohen Frauentag bleibe keiner der Berge ringsum ohne Feuer. 

Jugendchor und Frauenrunden. Feuer gefangen haben viele Jugendliche im neu gegründeten Jugendchor. An seinem Ursprung stand die Frage im Pfarrgemeinderat: Wie können wir Jugendliche nach der Firmung weiter für Glauben und Kirche interessieren? Heute ist die Begeisterung groß, im Chor und auch bei denen, die ihm zuhören. Große Ausstrahlung haben auch die beiden Frauenrunden. Die „ältere“ existiert schon seit 23 Jahren, 19 Frauen sind dabei. Wichtig ist ihnen der Austausch – beim Tee, beim Basteln, bei Ausflügen. „Seit zwei Jahren gibt es auch eine Runde für Frauen zwischen 20 und 40 Jahren – mit 15 Frauen“, freut sich Maria Trojer. Zu den vielversprechenden Initiativen im Dorf gehört auch die Runde des Katholischen Familienverbandes.

Die Last der Abwanderung. Als Last empfindet Pfarrer Mair den Rückgang der Dorfbevölkerung: „Im Vergleich zu 1971 leben heute in Außervillgraten fast 300 Menschen weniger. Ich kann nur wenige Eintragungen in die Taufbücher machen“. In einigen Häusern wohne heute statt früher einer Familie nur mehr eine Person. Dass die Einsamkeit im Alter nicht so drückend ist, hat auch mit der großartigen Nachbarschaftshilfe zu tun.
Die Universität im Dorf. Seit zehn Jahren kommen auf Initiative des verstorbenen Jesuitenpaters Prof. Lothar Lies Wissenschafter zu Vorträgen und Seminaren nach Außervillgraten. Im Rahmen der „Universität im Dorf“ diskutieren sie mit Dorfbewohnern aktuelle Themen der Zeit. Für Dorf und Wissenschaft gleichermaßen ein Gewinn. Das Dorf hat dann Wissenschafter im Dorf, die sonst nur an Universitäten anzutreffen sind. Und die Wissenschafter können überprüfen, was ihr Wissen wiegt. Für die Zukunft wünscht Pfarrer Mair den Menschen mehr Freude am Glauben. Und dass sie in Dankbarkeit erfahren, welchen Reichtum er für sie bereithält. 

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